Frankfurt am Main Bergen-Enkheim Bürgerinformationsbroschüre

Amerika eingeführt worden. Gleich- zeitig wurden bisher unbekannte Schädlinge, wie der Echte Mehltau und die Reblaus, eingeschleppt, die dann zunehmend die Bestände ver- nichteten. Die Behörden versuchten zwar noch, im Hanauer Land den Weinbau zu erhalten und verordne- ten Neupflanzungen; doch dieses erschien den kleinen Winzern nicht mehr lohnend. Immer mehr gaben ihren Beruf auf und gingen in die aufkommende Industrie in Frankfurt und Offenbach, wo sich bessere Ver- dienstmöglichkeiten boten. Im Jahre 1905 wurde letztmalig die Weinlese offiziell verkündet und wie zuvor als Bergen fahren konnten. In Bergen- Enkheim gab es um 1900 mit dem Eiswerk Günther in Enkheim nur ei- nen Industriebetrieb. Hier wurde aus dem Enkheimer Ried im Winter Natureis gewonnen, das im Sommer mit Pferdefuhrwerken täglich an Frankfurter Haushalte, Gaststätten und Metzgereien geliefert wurde. Auf der Grundlage der bereits 1870/71 von dem Ingenieur Carl von Linde erfundenen Eismaschine wur- de auch hier 1924 auf die Produkti- on von Kunsteis umgestellt. Noch bis in die Zeit nach dem Zweiten Welt- krieg waren die mit Kunsteis be- stückten Eisschränke in Gebrauch, die dann durch die elektrischen Kühlschränke abgelöst wurden. Nach 1900 entstanden zahlreiche kleinere und einige mittlere Betriebe, in denen Lederwaren angefertigt wurden. Hier fanden bis in die 50er Jahre viele Einwohner Bergen-Enk- heims Verdienstmöglichkeiten als Beschäftigte oder Heimarbeiter. Auch für die Offenbacher Leder­ warenindustrie waren viele dieser Kleinbetriebe und Heimarbeiter als Zulieferer tätig. Kleine Fuhrunter- nehmer betrieben einen täglichen Fahrdienst – zunächst mit Pferde- fuhrwerken und später mit Autos – zwischen Bergen-Enkheim und Offenbach, um die Halb- und Fertig- fabrikate zu transportieren. Im Jahre 1914 eröffnete Victor Slotosch auf dem Enkheimer Feld eine Eisengie- ßerei, die als Produktionsbetrieb für Volksfest abgehalten. Der Weinbau eignete sich aber nicht als Freizeit- beschäftigung nach Feierabend, da- für waren die Arbeiten im Weinberg zu zeitraubend und zu schwer. Also wurden die ehemaligen Weingärten mit Obstbäumen und Beerensträu- chern bepflanzt. Den Ertrag aus die- sem Nebenerwerb verkaufte man auf den Märkten in Frankfurt und Offenbach. In den folgenden Jahr- zehnten war dann der Berger Hang im Frühjahr zur Zeit der Baumblüte ein beliebtes Ausflugziel der Frank- furter, die seit den dreißiger Jahren nach Verlängerung einer Straßen- bahnlinie bis an den Ortsrand von hochwertigen Spezialstahl bis zum Jahre 1996 bestand. Inzwischen sind die ehemaligen Industrieanlagen ab- gebrochen und auf dem weiträumi- gen Gelände entstanden Wohnhäu- ser. Die Firma Slotosch war seiner- zeit durch Erfindung und Patentie- rung eines Gerätes zur Bestimmung spezifischer Metallgewichte in Deutschland bekannt geworden. Mehr als dreißig Jahre sollten verge- hen, bis nach dem zweiten Weltkrieg einige Heimatvertriebene dort weite- re Fabriken errichteten. Nach 1950 begann eine planmäßige Industrie- ansiedlung, wobei größten Wert auf Branchenstreuung und Krisenfestig- keit gelegt wurde. Die Industrie er- brachte das erforderliche Steuerauf- kommen für den Bau der Grundaus- stattung des lange vernachlässigten Gemeinwesens. Mit der Industriean- siedlung stieg auch die Bevölke- rungszahl sprunghaft an. Von 6.500 im Jahre 1945 auf 14.000 im Jahre 1968. Wegen der vorbildlichen Leis- tungen für die Gemeinschaft wurden der Gemeinde Bergen-Enkheim am 31. August 1968 die Stadtrechte ver- liehen und diese Leistungen verdie- nen es, hier einmal aufgezählt zu werden. Das größte Wagnis war zweifellos die Kanalisation, die bei dem felsi- gen Untergrund in Bergen und bei einem Höhenunterschied von annä- hernd hundert Metern allerlei Prob- leme brachte und weit mehr als 9 Riedstraße

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