Informationsbroschüre der Stadt Frankfurt/Höchst

76 das Steinbarackenlager Zeilsheim. Schnell war das Lager überfüllt, und ein ganzer Wohnbezirk musste innerhalb eines Tages von der Zeilsheimer Bevölkerung geräumt werden, um weiteren Platz zu schaffen. Bald lebten etwa 5.000 Personen im Lager Zeilsheim. Es entwickelte sich der größte Schwarzmarkt der westalliierten Besatzungszonen. Hier war alles zu bekommen, was sonst fehlte. Etliche Straftaten und ständige Razzien der amerikanischen Militärpolizei hielten die Lagerbewohnende, aber auch die in Zeilsheim lebenden Menschen in Atem. In diesen turbulenten Zeiten besuchten die Gattin des amerikanischen Präsidenten, Eleanor Roosevelt und der spätere israelische Ministerpräsident David Ben Gurion Zeilsheim. Mit der Währungsreform und der Ausreise der Lagerbewohnenden nach Israel, Kanada oder den USA kehrte 1948 wieder Ruhe in Zeilsheim ein. In den folgenden Aufbaujahren wurde umfangreicher Wohnraum für Heimatvertriebene und Flüchtlinge aus den verlorenen deutschen Ostgebieten geschaffen. Die Siedlung Friedenau konnte 1950/51 in Eigenhilfe erbaut werden, und mehrere Siedlungen der Hoechst AG und der Nassauischen Heimstätte folgten. Die Bevölkerungszahl stieg von knapp 5.000 zu Beginn des Zweiten Weltkriegs auf über 14.000 im Jahre 1970. In den Neubaugebieten entstanden zwei, inzwischen vereinigte evangelische Gemeinden. Die Einwohnerzahlen sind seit einigen Jahren rückläufig und die Bevölkerungsstruktur ändert sich. Die Auflösung der Hoechst AG und der damit verbundene Verkauf hunderter Werkswohnungen schaffte Probleme. Zuwanderer aller Nationalitäten kommen auch nach Zeilsheim und müssen integriert werden. Im alten Zeilsheim sind jedoch noch die überkommenen Strukturen und Bebauungen erkennbar. Im Verlauf der Straße „Alt-Zeilsheim“ ist noch der Charakter des einstigen fränkischen Straßendorfs zu erkennen. 29 blau emaillierte Schilder, die vom Heimat- und Geschichtsverein angebracht wurden, geben an vielen Stellen in Zeilsheim Auskunft über seine Geschichte. darf der ständig wachsenden Fabrik nicht mehr decken. Zuwanderer aus strukturschwachen Teilen Deutschlands mussten mit Wohnungen versorgt werden. 1899 wurde mit dem Bau einer Arbeiterkolonie in Zeilsheim begonnen. Die im englischen Cottage-Stil errichteten Häuser mit Gärten boten den Bewohnenden moderne und gesunde Wohnverhältnisse. In die Kolonie zogen auch viele Protestanten, und in dem zuvor rein katholischen Ort entwickelte sich lebendiges evangelisches Leben. Schon 1902 konnte eine selbstständige Kirchengemeinde Sindlingen-Zeilsheim gebildet werden. Mitten in der Kolonie wurde 1912 eine evangelische Kirche erbaut. Die Kolonie steht heute weitgehend unter Denkmalschutz und stellt ein für unseren Raum einmaliges Ensemble dar. Die Häuser sind inzwischen meist in Privathand und erfreuen sich großer Beliebtheit. Die moderne Zeit brach in Zeilsheim mit der Verlegung einer Trinkwasserleitung und dem Anschluss an das Stromnetz im Jahr 1911 an. 1917 verlor Zeilsheim seine Selbstständigkeit und wurde zunächst nach Höchst und 1928 mit Höchst nach Frankfurt eingemeindet. Der Zweite Weltkrieg brachte neue Sorgen und Nöte. Glücklicherweise blieb Zeilsheim von Bombenangriffen verschont. 1943 baute die IG-Farbenindustrie für das Werk Höchst in Zeilsheim zwei Barackenlager, in denen Fremd- und Zwangsarbeitende untergebracht wurden. Fragwürdige Bekanntheit weit über die Grenzen unserer Heimat erlangte Zeilsheim nach Kriegsende. Ab dem Sommer 1945 kamen 150.000 heimatlose Juden in die amerikanische Besatzungszone. Vor dem Krieg lebten sie zum großen Teil in Polen, waren vor den deutschen Armeen in die Sowjetunion geflohen oder hatten die Konzentrationslager überlebt. Nach Kriegsende wurde ihnen die Rückkehr in ihre alte Heimat verwehrt. Die Amerikaner nahmen diese Menschen, genannt „DP´s“ (Displaced Persons), auf und brachten sie in „DP-Lagern“ unter. Eines dieser Lager war ZEILSHEIM

RkJQdWJsaXNoZXIy NDIyMzg=