Leben, Wohnen, Arbeiten in Gammertingen

Leben, wohnen und arbeiten 5 findet man im Urbar von 1530 den herrschaftlichen „Pfarr- hof“ verzeichnet. 1482 – Hans war bereits ein Jahr verstorben – erfolgte im Kontext der herr- schaftlich-bürgerschaftlichen Stiftung einer Frühmesspfrün- de die Erhebung der Kapelle zur „Oberkapelle“ und des Ka- plans zum „Priester“. Offen- kundig hatte Hans von Buben- hofen geplant, dieMichaelska- pelle zur Gammertinger Stadt- kirche auszubauen. Sein Sohn Hans Caspar führte die Projek- te nicht weiter, sondern baute seinerseits den anderen Herr- schaftssitz Hettingen wieder zur Hauptresidenz aus. 1524 wurde die Herrschaft Gammertingen vom Uracher Obervogt Dietrich Speth von Zwiefalten erworben, der, wie aus einem Inventar vor 1534 hervorgeht, das Schloss nicht genutzt zu haben scheint. Während des württember- gisch-protestantischen Inte- rims von 1534-1547 ließHerzog Ulrich dieMichaelskapelle pro- fanieren und richtete im ehe- maligen Chorturm das würt- tembergische Amtshaus ein – offenbar unter Verwendung von Bodenfliesen aus dem Gammertinger Schloss. An des- sen Erhalt scheint Ulrich ohne- hin wenig Interesse gehabt zu haben: Am Ende der württem- bergischen Zeit verfügten so- gar Privatleute über Besitz im Gammertinger Schloss. Nach der Rückkehr der Speth nach Hettingen 1557 dauerte es noch einmal ein gutes Jahr- zehnt, bis die Stadtherren auch in Gammertingen wirksam wurden, wobei sich die Projek- te, die nun durch Philipp Die- trich von Speth (gest. 1582) und Dorothea von Rechberg (gest. nach 1609) angestoßen wur- den, bis ans Ende des Jahrhun- derts zogen: 1589 wurde der Wiederaufbau derMichaelska- rich und seinem Sohn Mar- quard Rudolph Anton erlebte die Stadt einen erheblichen Aufschwung, was auch mit demGeld zu tun hatte, dass der von den Speth angeworbene Trochtelfinger Kaufmann Heinrich Clavell in die Stadt brachte. In den 1720/30ern wurde die heutige Hohenzol- lernstraße als langschmaler Straßenmarkt mit sich weiten- der Sicht vom Oberen Tor zum Schloss angelegt, an ihrer Süd- ostseite entstanden mit dem Clavell’schen Haus im späteren „Oberamt“ und mit dem südöstlichen Schlossflügel – Vorgängerbau des 1972 abge- rissenen „Fruchtkastens“ – prachtvolle Barockbauten. Zwischen der alten, nun an mehreren Stellen durchlässi- gen Stadtmauer und dem „Ro- ten Dill“ wurden die herr- schaftlichen Gärten angelegt, die gesamte Stadtanlage wur- de von einem wassergefüllten Graben umgeben. Auch das Schlossgebäude selbst hätte damals neu errichtet worden sollen; der überraschende Tod Marquard Rudolphs 1740 ver- hinderte dies. 1775 wurde in Gammertingen mit dem Bau eines neuen Der Schlossplatz um 1900, als es noch keine Autos gab. Der Westflügel des Speth´schen Schlosses wurde 1972 abge- brochen, heute rekonstruiert. Der innere Stadtbezirk entlang der Hohenzollernstraße hat sich durch die Bauaktivitäten der von Bubenhofer demnach verän- dert. Illustration zeigt die Stadt um 1620 und die Hohenzollern- straße von West nach Ost. pelle abgeschlossen, wohl erst in den 1590ern wurde das ers- te Speth’sche Stadtschloss im verkleinerten Schlossbezirk am Unteren Tor vollendet. Mit der Erbteilung von 1599, als Gammertingen an Caspar Bernhard Speth fiel, beginnt dann die über 200-jährige Zeit Gammertingens als Speth’sche Residenzstadt. Die Stadtherren versuchten den Bürgern immer mehr Rechte zu nehmen und sie auf den Stand leibeigener Bauern zu drücken, was stän- dige Streitigkeiten und Prozes- se zwischen Bürgern und Herr- schaft hervorrief. ImDreißigjährigen Krieg hatte die Stadt viel zu leiden. Ein gro- ßer Teil der Bürger starb an Hunger und Krankheiten und der aus demExil zurückkehren- de Stadtherr hatte nichts Bes- seres zu tun, als der allein ge- lassenen Bürgerschaft die er- hebliche Wertminderung an den stadtherrschaftlichen Be- sitzungen in Rechnung zu stel- len. Erst mit dem Ehinger Schlichtungsvertrag, den die Bürger 1712 mit Ludwig Fried- rich Speth abschlossen, kehrte in Gammertingen wieder Frie- den ein. Unter Ludwig Fried- Schlosses nach Plänen des fran- zösischenArchitektenD´Ixnard begonnen – als Teil eines nur in Ansätzen realisierten Umbaus Gammertingens im aktuellen klassizistischen Stil. Imgleichen Jahr bekam die Stadt eine Thurn und Taxis`sche Poststati- on. Eine Hälfte des geplanten Schlossbaus wurde bis 1777 re- alisiert, die anderen Bauprojek- te des ehrgeizigen Marquard Carl Anton Speth blieben im Planungsstadium stecken. Seit 1796 hatte die Stadt unter ständigen Truppendurchmär- schen zu leiden. Die Franzosen plünderten, die Österreicher verlangten Kriegskontributio- nen. Im Jahr 1806 kam Gam- mertingen unter die Oberho- heit des Fürstentums Hohen- zollern-Sigmaringen, das zum Rheinbund gehörte. Das Ende der Herrschaft Gammertingens Karte von 1717

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