Leben, Wohnen, Arbeiten in Gammertingen

6 Stadt Gammertingen Oberamtszeit ist auf den Um- bau des „Fruchtkastens“ zu einem repräsentativen Wirt- schafts- und Verwaltungsbau mit Siebenarkadenfassade zu verweisen – ein Bauwerk des frühen Historismus, das sich vermutlich dem Frankfurter Stararchitekten Rudolf Burnitz zuordnen lässt, der seit 1824 fürstlich-hohenzollerischer Baurat war. 1850 wurde Gam- mertingen preußisches Ober- amt. Gammertingen entwi- ckelte sich in dieser Zeit zu ei- ner kleinen Behördenstadt mit Ober- und Rentamt, Amtsge- richt, Forstamt und Kataster- amt. 1861 wurde das im ehe- maligen Speth’schen Stadt- schloss untergebrachte Rent­ amt an die Sigmaringer Hof- kammer angeschlossen. ImFol- gejahr kaufte die Stadt das Schloss und nutzte es – mit ei- ner kurzen Unterbrechung, als das Gebäude 1933-1936 als SA-Hilfswerklager diente – seit- her als Rathaus. Ab 1876 wurde in Gammertin- gen sogar eine eigene Zeitung, die „Lauchert-Zeitung“, her- ausgegeben. Durch den Bau der Hohenzollerischen Landes- bahn (seit 1901) und deren Be- triebsstätten in Gammertin- gen, erhielt die Stadt wirt- schaftlichenAuftrieb. Umdiese Zeit begann auch eine beschei- dene Industrialisierung. 1925 wurde das Oberamt Gammer- tingen aufgelöst und dem Oberamt Sigmaringen zuge- schlagen. Als Ausgleich bekam Gammertingen den Neubau des Kreisaltersheim, in dem sich wegen der schönen Lage auch über viele Jahre hinweg ein Kurbetrieb entwickelte. Auf Grund der verkehrs- günstigen Lage zwischen den beiden Wirtschaftsräumen Albstadt/Balingen und Reutlin- gen konnte Gammertingen in den dreißiger Jahren an der industriellen Entwicklung die- ser Region teilnehmen. Haupt- träger der Industrialisierung war vornehmlich die Textil- branche, die vielen Menschen aus der nach wie vor bestehen- den Landwirtschaft weitere Arbeitsmöglichkeiten bot. Nach dem zweiten Weltkrieg nahm die Industrialisierung in allen Teilbereichen stark zu. In dieser Weiterentwicklung des Gewerbes und mit der Aufga- be, eine Vielzahl von Heimat- vertriebenen einzugliedern, spiegelt sich die starke Zunah- me der Bevölkerungszahlen wider. So hat sich beispielswei- se die Einwohnerzahl der Kern- stadt Gammertingen von 1.464 Jetzt mit Brücke quer über die Lauchert versehen. Vorne links das neu enstandene Speth’ sche Stadtschloss mit hoher Platz- wirkung in der Stadt um 1780. Historische Ansicht entlang der städtischen Hohenzollern- straße mit Schloss, neuem preussisch-hohenzollerischen Amtsgerichtes und Forst- amtsgebäudes und dem fol- genden Oberamtsgebäudes. Einer der zahlreichen Trink- wasserbrunnen ist im Bild zu sehen, die mit Entwicklung des Gammertinger Verbands- wasserwerks ab 1906 einer nach dem anderen aus dem Stadtbild verschwanden. Personen im Jahre 1950 auf heute rund 4.750 Personen er- höht. In Gammertingen hat sich nicht nur eine breitgefä- cherte Industrie- und Gewer- bestruktur entwickelt, sondern darüber hinaus auch ein aus- geprägtes Handwerks- und Dienstleistungsgewerbe. In den vergangenen 50 Jahren konnte Gammertingen als tra- ditionell ländliche Kleinstadt ihre zentralörtliche Funktion für einen Verwaltungsraum mit über 13.000 Einwohnern permanent ausbauen. In Gam- mertingen können heute alle Einrichtungen einer Zentralge- meinde angeboten und auch auf Dauer gesichert werden. Gammertingen profitiert nicht nur von seiner guten Infra- struktur und der Wirtschaft, sondern auch von seiner reiz- vollen Lage imLaucherttal. Das Laucherttal mit seinen angren- zenden Albhochflächen ist ein beliebtes Naherholungsgebiet, welches aufgrund der ausge- dehnten Wälder und dem ge- sunden Reizklima durchaus diese Bezeichnung auch ver- dient. Teilorte von Gammertingen Mit der kommenden Gemein- dereform in den 1970ern wur- den die Gemeinden Harthau- sen, Feldhausen, Kettenacker und Bronnen mit Mariaberg mit Gammertingen vereint. Mit der Gemeindereform wurden zwar die politischen Selbststän- digkeiten aufgehoben, nicht jedoch die von der Stadt nach wie vor unterstützten örtlichen Eigenständigkeiten. In Gam- mertingen konnte ein gesun- des Verhältnis zwischen Ge- meinsamkeiten und Eigen- ständigkeiten innerhalb einer Flächengemeinde gefunden werden. Geschichte der Stadt Gammertingen Sylvia Kühn: „Es ist ein netter kleiner Ort, schön ruhig. Ich fin- de es toll, dass hier nicht Stress und Hektik herr- schen und man das ge- nießen kann.“ als selbstständiger Reichsritter- herrschaft war gekommen. Erst seit 1815 herrschte wieder Frieden. 1827 verkauften die Freiherren von Speth ihren ganzen Besitz an das Fürsten- haus Hohenzollern-Sigmarin- gen, worauf Fürst Anton Aloys in Gammertingen ein Fürstli- ches Oberamt und Rentamt errichten ließ. Als bauliches Ausrufezeichen der frühen

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