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Dass der Ort schon damals von wirtschaftlicher
Bedeutung war, bezeugt die Verleihung des
Marktrechtes im Jahr 1363. Bereits im Mittelalter
gab es im Wehratal eine hochstehende Eisenpro­
duktion, die bis 1863 betrieben wurde. Wasser
und Holz (Holzkohle!) waren in Wehr vorhanden,
während die Erze zur Verhüttung aus dem Fricktal
(heute Kanton Aargau/CH) herangeschafft wurden.
So entwickelte sich eine starke handwerklich-­
industrielle Tradition, die in der 2. Hälfte des
19. Jahrhunderts Nährboden für die Industrialisie­
rung war. Die Herren von Schönau, die aus dem
gleichnamigen Ort im Elsass stammten und zum
elsässischen Uradel zählten, waren treue Gefolgs­
leute der Habsburger. Sie entfalteten von Wehr aus
ihren Einfluss und teilten sich im Laufe der Zeit in
mehrere Linien. Wichtige Ämter in Staat, Militär
und Kirche wurden von ihnen besetzt. Sie mehrten
so erfolgreich Besitz und Ansehen, dass sie 1668
in den Freiherren­stand erhoben wurden. Um 1570
bauten sie das schönauische Schloss (heute Altes
Schloss), dem 1748 das Neue Schloss, ein reprä­
sentativer Barockbau mit prächtigem Saal, folgte.
Die Zeit ihrer Herrschaft endete zwischen 1820 und
1853, als nach der Auflösung Vorderösterreichs
und mit dem Übergang Wehrs zu Baden schritt­
weise die alten Feudalrechte aufgehoben wurden.
Während der Badischen Revolution war Wehr
Schauplatz der Verhaftung des Freiheitskämpfers
Gustav von Struve, der am 25. September 1848 im
Gasthaus Krone festgesetzt wurde. In der Folgezeit
kam es durch die Ansiedlung von Industriebetrie­
ben zu tief greifenden Veränderungen. Wehr wurde
zu einem Zentrum der hochrheinischen Indus­trie.
Die Firma „Brennet AG“, aber auch andere Textilfa­
briken wie z. B. die ehemals für ihre Teppichproduk­
tion weltbekannte „Wehra AG“, sorgten zusammen
mit der Papierfabrik „Lenz“ für Wohlstand und
Fortschritt, während das gesellschaftliche Leben
von den bürgerlichen Vereinen geprägt wurde. Von
der Bedeutung der Textilindustrie als Lokomotive
der Industrialisierung unserer Region zeugt auch
das „Brennet“-Werksmuseum, das im Jahr 2002
eröffnet wurde und der Öffentlichkeit zur Verfügung
steht.
Eine neue Phase der Industrialisierung brachte
der Zweite Weltkrieg. Um vor den Bombenan­
griffen der Alliierten sicher zu sein, verlegte die
chemischpharmazeutische Firma „CIBA“ Sitz und
Produktion von Berlin nach Wehr. Auch nach dem
Krieg blieb sie dem Standort treu. Aufgrund der
ständig gewachsenen Bedeutung erhielt Wehr im
Jahr 1950 die Stadtrechte. Dies führte zu einer
Intensivierung des gesellschaftlichen Lebens mit
dem Ausbau der entsprechenden Infrastruktur
(Schulen, Kultureinrichtungen, Sportstätten).
1967 wurden freundschafltiche Beziehungen zur
südfranzösischen Stadt Bandol aufgenommen.
1972 folgte im Zuge der Kommunalreform der Zu­
sammenschluss mit Öflingen. Heute zählt Wehr
mit fast 12.700 Einwohnern zu den wirtschaftlich
und kulturell führenden Städten am Hochrhein.
Eng mit Wehr verbunden ist die weltbekannte
Geigenvirtuosin Anne-Sophie Mutter, die hier
ihre Kindheit und Jugend verbrachte.
„Viola“ am Storchenplatz
GESCHICHTLICHER ÜBERBLICK ÜBER UNSERE STADT