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geschichte bezeichnete Museum mit einer inhaltlich neuen Konzep-

tion seiner Bestimmung übergeben. Die Dauerausstellung präsentiert

die Waiblinger Stadtgeschichte von der Römerzeit bis heute, der

Schwerpunkt liegt jedoch auf der Wirtschafts- und Hausgeschichte.

Leben und Arbeiten, Aufbruch und neue Wege stehen dabei im

Fokus. Ein multimedial animiertes Stadtmodell ermöglicht unerwar-

tete Einblicke in die Waiblinger Geschichte. Das fesselnde Wechsel­

spiel aus Ton, Bildern und Bewegung garantiert ein spannendes

Geschichtserlebnis. Neben den Exponaten ist das Museum selbst als

ältester Profanbau der Stadt ein eindrucksvoller Zeuge der Waiblin-

ger Geschichte. Das Haus der Stadtgeschichte ist als Ort mit großer

bürgerschaftlicher Verankerung konzipiert und soll vor allem auch

Kindern und Jugendlichen Geschichte lebendig vermitteln.

Mit den Fingern durch die Stadt gehen

Vor dem prächtigen Fachwerkgebäude steht seit Dezember 2014

das Stadtmodell in einem Bronzeguss von Egbert Broerken. Das

in Zusammenarbeit mit dem Heimatverein Waiblingen entwickelte

Modell bietet beispielsweise vor dem Start zu einer Stadtführung

einen Überblick über die historische Altstadt. Vor allem aber Blinde

und Sehbehinderte haben mit dem dreidimensionalen Modell die

Möglichkeit, sich Waiblingen besser vorzustellen. Das 90 mal 120

Zentimeter große und 100 Kilogramm schwere Abbild der Altstadt

im Maßstab 1:600 steht auf einem Sockel, so dass jeder die Stadt

im wahrsten Sinn des Wortes begreifen kann. Die Gebäude mit den

Fingern ertasten, durch Gassen und Straßen oder über Plätze „gehen“,

das ist, so bestätigt der Blinden- und Sehbehindertenverband, eine

hilfreiche Erleichterung für Betroffene. An zahlreichen Stellen ist

zudem in Braille-Schrift erklärt, wo man sich gerade befindet. Der

Künstler, Egbert Broerken, hat schon weltweit zahlreiche solcher Mo-

delle geschaffen, die im Übrigen auch einfach schön anzusehen sind.

Durchs Tränktörle hindurch

Das Tränktörle gewährte einst Durchgang in die Weingärtner

Vorstadt. Vor 1634 bestand etwa ein Drittel der Markung Waib­

lingens aus Weingärten. Vom Weinhandel zeugen in der Altstadt

noch heute die zahlreichen großen Keller. In der Mitte des

19. Jahrhunderts wurden die Weinberge allerdings zu Obsthalden,

da es zu viele Missernten gegeben hatte. Als die Stadt am

8. / 18. September 1634 (Datumsunterschied wegen Wechsel vom

Julianischen zum Gregorianischen Kalender) niederbrannte und die

Bürger auf der Flucht vor den kaiserlichen Truppen waren, drängten

sie durch den nur 90 Zentimeter breiten Durchlass. Die meisten

kamen ums Leben. Die Feuerwehr Waiblingen hat gemeinsam mit

vielen Sponsoren zur Erinnerung an dieses schreckliche Ereignis ein

Tor als Skulptur aufgestellt, das eine kleine Vorstellung davon ver-

mittelt, welch‘ dramatischen Szenen sich abgespielt haben müssen.

Marktgasse

Die Einkaufspassage mit dem attraktiven „Baumhof“, in dem man

eine gemütliche „Auszeit“ nehmen oder shoppen kann, erstellt auf

der mittelalterlichen Sachsenheimer Gasse, wo sich früher zudem das

Gefängnis befunden hatte; sie verbindet den Altstadtkern mit der

äußeren Stadt.

Mittlere Lange Straße

Auf beiden Seiten befinden sich restaurierte Fachwerkbauten,

darunter die Alte Herberge (Lange Straße 36) mit dem Herbergs­

brunnen davor, der durch eine „Teichelleitung“ aus der Wasserstube

gespeist wurde, sowie der 1649 nach dem Stadtbrand wieder

aufgebaute Pfleghof des Klosters Adelberg, das spätere Kameralamt

(Lange Straße 40).

Das Kameralamt

Der ehemalige Pfleghof des Klosters Adelberg in der Langen Straße 40

und damit auf dem höchsten Punkt der Altstadt wurde von 1649 an

auf dem früheren Keller und den alten Fundamenten des ursprüng-

lichen Gebäudes aus dem Jahr 1260 erbaut und ist mit seinem vier-

fach vorspringenden Giebel ein repräsentatives Gebäude. Im unteren

steineren Stock befanden sich die hallenartigen Verwaltungsräume,

deren hohe und weite Decken von Holzsäulen getragen wurden

und noch immer werden. Dort wurden lange Jahre Kunstausstel-

lungen der Stadt Waiblingen eröffnet, die das Haus 1977 erworben

hatte; und auch heute noch dient der Raum als Galerie. Die oberen

Stockwerke bestehen aus Fachwerk. Im Kameralamtskeller werden

Veranstaltungen angeboten, er kann auch privat gemietet werden.

Das (Blinden-)Modell von Egbert Broerken vor

dem Haus der Stadtgeschichte erlaubt es, mit den

Fingern durch die historische Altstadt zu „gehen“.

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