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Der gut erhaltene Mauerring der ehemaligen Amtsstadt umfasst
ein ovales Gebiet von etwa 400 mal 180 Meter oder sieben bis
acht Hektar Fläche. Der innere Mauerring ist 1.000 Meter lang. Nur
auf der Ostseite war die Stadt durch Wasser auf etwa 300 Metern
geschützt, dort genügte also eine einfache Mauer mit bedachtem
Wehrgang. Auf den übrigen Seiten mussten dagegen sechs bis
zwölf Meter hohe Mauern mit dem Wehrgang errichtet werden – all
das bei einem topografischen Höhenunterschied bis zu 21 Metern.
Nikolauskirche
Im Gegensatz zur Großen oder Äußeren Kirche wurde sie auch als
Kleine beziehungsweise Innere Kirche bezeichnet. Sie wurde 1269
erstmals erwähnt. Die heutige Kirche zeigt im Wesentlichen den
spätgotischen Umbau um 1488. Im Stadtbrand von 1634 teil
weise zerstört, wurde sie ab 1674 wieder aufgebaut. Die Nikolaus
kirche wurde lange Zeit auch Kapellkirche genannt, befindet sich
doch dort das Kapellentor, der Ausgang von der Stadt zur Großen
Kirche. Der Aufgang zur Nikolauskirche mit dem darunter liegenden
Apothekergarten ist ein beliebter Malerwinkel oder Fotospot.
Wenige Schritte höher liegt der Dekanatsgarten, auch Pfarrgarten
genannt, denn vor 1634 stand dort das erste Pfarrhaus.
Rathausplatz und Rathaus
Das 1959 erbaute Neue Rathaus steht auf dem Gelände des 1634
abgebrannten Schlosses der Grafen von Wirtemberg. Bis ins
19. Jahrhundert hatte man deshalb noch vom „Schlossplatz“ ge
sprochen. Erhalten blieb der 28 Meter lange Schlosskeller mit go
tischem Gewölbe. 1844 wurde die Schlossmauer an der Kurzen Straße
abgebrochen. 1651 entstand auf dem Gelände der Herrschaftliche
Große Fruchtkasten, den die Stadt 1862 vom Staat erwarb und 1874
teilweise für ein Rathaus, 1957 für das heutige Rathaus abbrach. Das
1959 in Betrieb genommene Rathausgebäude mit dem Verwaltungs-
bau und dem Sitzungssaal gegenüber ist der sechste Rathausneubau
in sieben Jahrhunderten. Zwei der sechs Stockwerke liegen wegen der
Lage über der Rems unter dem Rathausplatz, so dass der Besucher,
der das Bürgerbüro betritt, sich schon in Ebene 3 befindet. Gegenüber
dem Rathaus liegt das Mitte der 1970er-Jahre entstandene Markt-
dreieck, das nach den Plänen des 2002 in Stuttgart verstorbenen
berühmten Architekten Wilfried Beck-Erlang entstand. In ihm sind die
Stadtbücherei und das Technische Dezernat der Stadt untergebracht.
Im benachbarten Gebäude Kurze Straße 28 war seit dem Jahr 1650
ununterbrochen eine Apotheke eingerichtet, die seit 1956 „Rathaus
apotheke“ heißt. Der Neidkopf mit der Inschrift „OFFICIN.PHARMAC.
Becher“ stammt aus der Zeit des „Materialisten“ Matthias Becher, der
von 1686 bis 1708 Apotheker war.
Marktplatz
Hier stehen das mit einem Barockerker verzierte ehemalige Ober-
amtsgericht (Nr. 1), das Schillerhaus, in dem Vorfahren des Dichters
lebten (Nr. 3) und das Alte Rathaus aus dem Jahr 1725 (Nr. 4),
das bis 1875 der Verwaltung diente. Hinter dem mit einer Justitia
geschmückten Marktbrunnen liegt der restaurierte Fruchtkasten der
geistlichen Verwaltung (Kurze Straße 27).
Das ehemalige Oberamtsgericht
Das markante Eckgebäude mit dem frühbarocken Erker wurde um
1690 gebaut. Der zweigeschossige Erker mit den vielen Fratzen ist
der einzige dieser Art in der Stadt. Von 1794 bis 1819 war dort der
letzte Amtsrichter tätig und dann bis 1909 das erste Oberamtsgericht
untergebracht. Deshalb wurde auch in der Nähe, im Oberen Sack 7,
das Gefängnis eingerichtet, das 1971 abgerissen wurde. 1909 zog
das Amtsgericht in die Bahnhofstraße hinauf. In den Jahren zwischen
1824 und 1842 amtierte am Marktplatz 1 der Oberamtsrichter Karl
Mayer (1786 – 1870), welcher der so genannten Schwäbischen
Dichterschule angehörte und ein Freund von Uhland, Kerner und
Mörike war. 1910 wurde in diesem Haus übrigens vom Kaufmann
Villinger der erste elektrische Personenaufzug in Waiblingen eingebaut.
Das Alte Rathaus
Bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts war das Rathaus keine
Verwaltungsstelle, sondern dem Magistrat vorbehalten. Es wurden
in den beiden Ratsstuben – in Ermangelung anderer Säle – auch
Feste und Hochzeiten gefeiert. Erst 1725/1730 wurde das Gebäude,
das einen Wappenstein aus dem Jahr 1597 vorweisen kann, auf den
nach dem Stadtbrand erhaltenen Säulen in heutiger Gestalt neu
Neidköpfe gibt es in Waiblingen so viele, dass der Interessierte sogar mit einer Extra-Broschüre einen Rundgang an 13 Stationen vorbei
unternehmen kann. Unser Bild zeigt drei Klassiker am „Villinger-Haus“
oberhalb des Knospenkapitells: den stieren Blick, die heraushängende
Zunge und den zähnefletschenden Mund. Abschreckend bis heute.
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